KI in der Hochschullehre

Dieser Beitrag gibt einen kleinen Überblick über KI-Systeme in der Lehre. Dabei geht es hauptsächlich um KI-Chatbots, wie ChatGPT, und einige ausgewählte KI-Tools. Am Ende des Beitrags haben wir zur Vertiefung einige Quellen zu KI in der Hochschullehre für Sie aufgelistet.

Die Abkürzung KI (englisch AI) steht für Künstliche Intelligenz und bezieht sich auf die Simulation menschlicher Intelligenzprozesse durch Computerprogramme. Als KI werden Computersysteme bezeichnet, die Aufgaben ausführen, für die sonst menschliche Intelligenz benötigt wird (Schönbacher et al., 2023). KI in der Bildung ist schon seit den 1970er Jahren ein Thema, da es die Art, wie wir lehren und lernen, revolutionieren könnte (Rudolph et al., 2023).

Besonders der Release von OpenAIs ChatGPT im November 2022 gab dem Thema seinen aktuellen Aufschwung. ChatGPT war nach seiner Veröffentlichung die am schnellsten wachsende Plattform im Internet und erreichte im Januar 2023 bereits 100 Millionen Nutzende (Deutschlandfunk, 2023). Das Thema Bildung genießt auch in der Diskussion um ChatGPT eine große Aufmerksamkeit. So war das Themengebiet Education das meistdiskutierte Thema im Bezug zu ChatGPT auf Twitter/X (Fütterer et al., 2023). Neben ChatGPT gibt es aber auch viele weitere KI-Systeme, die für den Bildungsbereich eine Rolle spielen können, und es werden in Zukunft immer mehr.

KIs können vielfältig in der Lehre eingesetzt werden. So können verschiedene Anwendungen beispielsweise Learning Analytics unterstützen. In diesem Beitrag fokussieren wir uns auf KI-Chatbots wie ChatGPT, deren Herausforderungen und Potenziale.

Zuerst müssen wir verstehen, wie KI-Chatbots funktionieren:
Zugrunde liegen sogenannte Large Language Models. Diese sind eine Art von KI, die natürliche Sprache verarbeiten und verstehen können (Gimpel et al., 2023). Die drei Komponenten von Large Language Models sind die Wahrnehmung, das Verständnis und die Erzeugung (Wu et al., 2023). Large Language Models arbeiten mit Wahrscheinlichkeiten. Sie können die Wahrscheinlichkeit einer Folge von Wörtern vorhersagen, die bei einer menschlichen Interaktion entsteht, und hierdurch menschliche Sprache erzeugen (Dwivedi et al, 2023; Fütterer et al., 2023). Um diese Vorhersagen treffen zu können, müssen Large Language Models vor ihrem Einsatz mit einer großen Menge an Textdaten trainiert werden (Fütterer et al., 2023; Schönbächler et al., 2023; Susnajk, 2022; Wu et al., 2023). Die Large Language Models hinter ChatGPT sind GPT3.5 und GPT4. Aufgrund der Generierung von Sätzen nach Wahrscheinlichkeiten antwortet ChatGPT auf die exakt gleiche Frage nicht mit der exakt gleichen Antwort.

ChatGPT hat somit keine Kontrolle über die Richtigkeit der Angabe. Es wird einfach die von dem System gelernte wahrscheinlichste Antwort gegeben. Hierbei kommt es vor, dass ChatGPT sich Dinge quasi ausdenkt. Das wird Halluzination genannt. Es ist dementsprechend möglich, dass sich eine Antwort sehr plausibel liest, aber Fehler enthält. Zusätzlich wird befürchtet, dass die Nutzung von KI-Chatbots zu einem Verlust an wichtigen Kompetenzen führen kann. So glauben manche, dass Lernende durch die Nutzung von ChatGPT die Fähigkeit verlieren, eigene Ideen zu entwickeln und passende Argumentationen zu führen (Arif et al., 2023).

Auf der anderen Seite erhofft man sich durch den Einsatz von ChatGPT einen Gewinn an wichtigen Kompetenzen, wie Problemlösefähigkeiten und kritisches Denken (Kasneci et al., 2023). Auch die Möglichkeit, dass ChatGPT Lernenden einfache Erklärungen für komplexe Konzepte liefern kann, wird als eine große Chance für das Lernen im Allgemeinen angesehen (Baidoo-Anu & Ansah, 2023). Eine große Hoffnung ist der Einsatz von ChatGPT als ein Tutor im Lernprozess (Baidoo-Anu & Ansah, 2023; Fütterer et al., 2023; Weßels, 2023). Man erhofft sich, dass KI-Chatbots wie ChatGPT verschiedene Phasen des Lernprozesses auf unterschiedliche Weise unterstützen können. Dies kann die Erklärung von komplexen Konzepten, den Ausgangspunkt einer Recherche, das kritische Prüfen von Ideen und Argumentationen oder auch nur das einfache Formulieren von Texten umfassen.

Egal wie man zu dem Thema ChatGPT in der Bildung steht, klar ist, dass Systeme wie ChatGPT zukünftig nicht wegzudenken sein werden, und daher sollten Lernende auf den Umgang mit diesen vorbereitet sein.

Im Folgenden stellen wir einige Tools vor, die in der Hochschullehre Verwendung finden können. Natürlich gibt es darüber hinaus schon viele weitere Tools, Anzahl stark zunehmend, die wir hier nicht vorstellen können. Eine sehr gute Sammlung findet sich zum Beispiel bei Future Tools: Es werden alle bekannten AI-Systeme aufgelistet und können nach Thema/Anwendung sortiert werden.

ChatGPT ist wohl die aktuell bekannteste frei verfügbare AI-Anwendung. ChatGPT ist ein Chatbot mit dem man über nahezu jedes Thema kommunizieren kann. Man kann sich beispielsweise Dinge erklären lassen, sich einen Sportplan erstellen oder auch eine Diskussion mit ChatGPT führen.
ChatGPT kann kostenfrei ohne Einschränkung nach der Anmeldung genutzt werden. Es gibt eine Premium Version, die den Zugang zu einer modereneren KI ermöglicht.

Consensus ist eine AI Suchmaschine für die Wissenschaft. Die Suchmaschine analysiert wissenschaftliche Arbeiten um eine eingegebene Fragestellung zu beantworten. Ziel der Anwendung ist es, wissenschaftliches Wissen für alle Menschen zugänglich zu machen. Nach Eingabe einer Frage bietet Consensus eine Antwort auf die Frage, basierend auf der Analyse wissenschaftlicher Arbeiten. Wenn für die Frage möglich, bietet Consensus auch eine Übersicht, ob die Frage in den analysierten Arbeiten mit Ja, Nein oder Vielleicht beantwortet wurde. Zusätzlich hierzu stellt Consensus die analysierten Arbeiten, mit dem Fazit der jeweiligen Analyse, dar. Zu allen Arbeiten ist ein Link zum Volltext enthalten.

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Consensus bietet die Möglichkeit, der Startpunkt für eine Recherche zu sein, da man relevante Literatur zu einer speziellen Fragestellung erhält. Dies kann auch in der Lehre Anwendung finden.
Auch kann Consensus für eine erste Einschätzung zu einer Fragestellung verwendet werden. Dies sollte natürlich verifiziert werden. Durch die Transparenz, die Consensus durch die Darstellung der analysierten Literatur bietet, ist dies problemlos möglich.

Die Nutzung von Consensus ist ohne Anmeldung möglich und teilweise kostenlos. Die Analyse und Darstellung der Literatur bekommt man ohne Bezahlung dargestellt. Lediglich für die übergreifende Zusammenfassung und das Consensus Meter werden Tokens benötigt. Hier hat jede:r Nutzer:in (auch ohne Anmeldung) monatlich 20 Tokens frei zur Verfügung. In der Premium-Version gibt es keine Beschränkung dieser Funktion.

ChatPDF erlaubt, ähnlich wie ChatGPT, das Chatten mit einer AI. Anders als bei ChatGPT chattet man mit ChatPDF konkret über Inhalte einer PDF-Datei, die vorher hochgeladen wurde.
Auf der Seite von ChatPDF kann man eine PDF hochladen und anschließend Fragen zu deren Inhalt stellen.
Hierdurch kann ChatPDF Studierende, Lehrende und Forschende bei der Recherche unterstützen.

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ChatPDF ist ohne Anmeldung und kostenfrei verfügbar. Auch hier gibt es eine Premium Version, die erweiterten Zugriff erlaubt. Hierdurch können beispielsweise größere PDF-Dateien analysiert werden.

Hier finden Sie weitere Informationsquellen zum Thema KI in der Hochschullehre:

  • Selbstlernkurs „ChatGPT und Künstliche Intelligenz in der Hochschullehre – Chancen und Möglichkeiten des Umgangs“
    Um Hochschullehrenden die Möglichkeit zu bieten, sich umfangreich, kompakt und selbstverantwortlich in diesem Bereich fortzubilden, hat die Arbeitsstelle Hochschuldidaktik der PHs im Hochschuldidaktikzentrum Baden-Württemberg (HDZ) diesen Selbstlernkurs erworben. Nach Abschluss des Kurses haben Sie einen systematischen Überblick und viele Ideen, wie Sie Ihre Lehre und Prüfungen anpassen können und wie Künstliche Intelligenz auch Ihnen als Lehrende das Leben erleichtern kann. Der Kurs wurde von Frau Privatdozentin Dr. Ulrike Hanke konzipiert. Er steht allen interessierten Lehrenden im Moodle der PH-Ludwigsburg über Shibboleth-Login (Heimatinstitution PH Weingarten wählen) zur Verfügung: https://moodle.ph-ludwigsburg.de/course/view.php?id=24453
  • KI-Campus - Die Lernplattform für Künstliche Intelligenz
    Der KI-Campus (https://ki-campus.org/) ist die Lernplattform für Künstliche Intelligenz mit kostenlosen Online-Kursen, Videos und Podcasts zur Stärkung von KI- und Datenkompetenzen. Als F&E-Projekt wird der KI-Campus vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Als Einstieg für Hochschullehrende empfehlen wir Ihnen hier den Selbstlernkurs „Sprachassistenzen als Chance für die Hochschullehre“ (https://ki-campus.org/courses/sprachassistenzen-hochschule). In diesem Kurs sollen Hochschullehrende KI-Sprachmodelle im Bildungskontext kreativ erproben und gleichzeitig auch kritisch hinterfragen können. So sollen Ängste im Umgang mit generativer KI abgebaut und die Rolle von Lehrenden als Lernbegleiter in einer durch digitale Tools geprägten Welt gestärkt werden. Angestrebt wird ein Perspektivwechsel, der sich mit den Chancen intelligenter Sprachtechnologien für die universitäre Lehre beschäftigt.
  • Das e-teaching.org-Themenspecial: „KI in der Hochschulpraxis“
    In den vergangenen Monaten hat sich Künstliche Intelligenz (KI) innerhalb kurzer Zeit zu einem der wichtigsten Themen in der Hochschullehre entwickelt – wobei das Thema bei Lehrenden und Studierenden sowohl großes Interesse als auch viel Verunsicherung hervorruft. Doch ganz neu ist die Beschäftigung mit KI im Hochschulkontext eigentlich nicht. Im Themenspecial soll es deshalb vor allem darum gehen, wie KI in der Hochschullehre bereits erfolgreich eingesetzt wird, welche Erkenntnisse es über Gelingensbedingungen gibt - und welche kritischen Fragen gemeinsam diskutiert werden sollten. Auf https://www.e-teaching.org/praxis/themenspecials/ki-in-der-hochschulpraxis finden Sie Infos zu den Live-Events, Aufzeichnungen vergangener Events und weitere Beiträge zum Thema.
  • Prompt-Labor: Generative KI in der Hochschullehre (KI Campus)
    Begleitend zur dreitägigen Veranstaltungsreihe „Prompt-Labor: Generative KI für di Hochschullehre“, das gemeinsam vom KI-Campus und Hochschulforum Digitalisierung im Oktober und November 2023 angeboten wurde, wurden anlässlich Materialien und Ergebnisse in einem Moodle-Kurs zur Verfügung gestellt. Der Kurs wurde nun als OER (Open Educational Ressource) Material veröffentlicht und kann dadurch auch von anderen Hochschulen und Institutionen genutzt werden. Leicht verändert und dankenswerterweise zur Verfügung gestellt von der Stabsstelle Digitalisierung & ETuQuali der PH Ludwigsburg, bieten wir Ihnen diesen Kurs nun als Selbstlernmaterial in Moopaed an: https://www.moopaed.de/moodle/course/view.php?id=12820
    Der Kurs ist nur für Personen mit einem Moopaed-Zugang einsehbar.

Arif, T. B., Munaf, U. & Ul-Haque, I. (2023). The future of medical education and research: Is ChatGPT a blessing or blight in disguise? Medical Education Online, 28(1). https://doi.org/10.1080/10872981.2023.2181052

Baidoo-Anu, D. & Ansah, L. (2023). Education in the Era of Generative Artificial Intelligence (AI): Understanding the Potential Benefits of ChatGPT in Promoting Teaching and Learning. Social Science Research Network. https://doi.org/10.2139/ssrn.4337484

Deutschlandfunk. (2023, 2. Februar). Benutzerwachstum - KI-Software ChatGPT ist am schnellsten wachsende Verbraucher-App der Geschichte. deutschlandfunk.de. Abgerufen am 23. November 2023, von https://web.archive.org/web/20230203023335/https://www.deutschlandfunk.de/ki-software-chatgpt-ist-am-schnellsten-wachsende-verbraucher-app-der-geschichte-104.html

Dwivedi, Y. K., Kshetri, N., Hughes, L., Slade, E., Jeyaraj, A., Kar, A. K., Baabdullah, A. M., Koohang, A., Raghavan, V., Ahuja, M., Albanna, H., Albashrawi, M. A., Al-Busaidi, A. S., Balakrishnan, J., Barlette, Y., Basu, S., Bose, I., Brooks, L., Buhalis, D., Wright, R. (2023). Opinion paper: “So what if ChaTGPT wrote it?” Multidisciplinary perspectives on opportunities, challenges and implications of Generative Conversational AI for research, practice and policy. International Journal of Information Management, 71. https://doi.org/10.1016/j.ijinfomgt.2023.102642

Fütterer, T., Fischer, C., Alekseeva, A., Chen, X., Tate, T., Warschauer, M. & Gerjets, P. (2023). ChatGPT in Education: Global Reactions to AI Innovations. Scientific Reports, 13(1). https://doi.org/10.1038/s41598-023-42227-6

Gimpel, H., Hall, K., Decker, S., Eymann, T., Lämmermann, L., Mädche, A., Röglinger, M., Ruiner, C., Schoch, M., Schoop, M., Urbach, N. & Vandirk, S. (2023). Unlocking the power of generative AI models and systems such asGPT-4 and ChatGPT for higher education. http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2023/2146/

Kasneci, E., Sessler, K., Küchemann, S., Bannert, M., Dementieva, D., Fischer, F., Gasser, U., Groh, G., Günnemann, S., Hüllermeier, E., Krusche, S., Kutyniok, G., Michaeli, T., Nerdel, C., Pfeffer, J., Poquet, O., Sailer, M., Schmidt, A., Seidel, T., Kasneci, G. (2023). ChatGPT for good? On opportunities and challenges of large language models for education. Learning and Individual Differences, 103. https://doi.org/10.1016/j.lindif.2023.102274

Rudolph, J., Tan, S. & Tan, S. (2023). ChatGPT: Bullshit spewer or the end of traditional assessments in higher education? Journal of applied learning and teaching, 6(1). https://doi.org/10.37074/jalt.2023.6.1.9

Schönbächler, E., Strasser, T. & Himpsl-Gutermann, K. (2023). Vom Chat zum Check.Informationskompetenzmit ChatGPT steigern. In medienimpulse (Bd. 61, Nummer 1). https://doi.org/10.21243/mi-01-23-18

Susnjak, T. (2022). ChatGPT: The End of Online Exam Integrity? School of Mathematical and Computational Sciences, Massey University. https://arxiv.org/pdf/2212.09292.pdf

Weßels, D. (2022, 20. Dezember). ChatGPT – ein Meilenstein der KI-Entwicklung. Forschung & Lehre. Abgerufen am 25. Mai 2023, von https://www.forschung-und-lehre.de/lehre/chatgpt-ein-meilenstein-der-ki-entwicklung-5271

Wu, T.-T., Lee, H.-Y., Li, P.-H., Huang, C.-N. & Huang, Y.-M. (2023). Promoting Self-Regulation Progress and Knowledge Construction in Blended Learning via ChatGPT-Based Learning Aid. Journal of Educational Computing Research, 61(8), 3–31. https://doi.org/10.1177/07356331231191125